6 typische Anlagefehler aktiver Anleger
Diese FEhler kosten dich Geld
Wer kennt es nicht, steigen die Kurse möchte man mehr investieren, sinken die Kurse bereut man die Investments. Die Stimmung der Börse ist ansteckend – auch „herding“ (= Herdenverhalten) genannt. Es gibt immer ein Spannungsfeld zwischen dem Momentum Effekt (dass gut laufende Positionen noch beliebter werden) bis zum dem Zeitpunkt, wo sich reale Werte und Börse wieder annähern, bzw die Börsenwerte einen Überschwenker nach unten machen. Zudem kommen regelmäßig unvorhersehbare Ereignisse (s. Corona-Crash), die nicht auf einen Zeitpunkt x prognostizierbar sind.
Behavioral Finance analysiert die psychologischen, mentalen und neuronalen Einflüsse, die zu irrationalem Handeln der Anleger führen. Wer sich die Verhaltensmuster bewusst macht, fällt vielleicht weniger selbst darauf herein. Genau diese Verhaltensmuster sind auch der Grund, warum eine konsequente Anlagestrategie sinnvoll ist.
Angst und Gier (auch: FOMO – fear of missing out), sind die Väter von irrationalem Verhalten und teuren Entscheidungen. Ein Hilfsmittel für die allgemeine Stimmungslage ist der Fear & Greed Index – ein anderes Hilfsmittel sind natürlich die Kurse selbst.
Der Fear & Greed Index, auch Volatility Index (VIX) von der Chicago Board Options Exchange (CBOE) schätzt die aktuelle Marktstimmung ein. Betrachtet wird der Kursverlauf des S&P 500 und aktuellen Handelsvolumen.
1. REgency Effect & Hypes
Der Regency Effect bezeichnet den menschlichen Fehler, historische Rendite in die Zukunft fortzuschreiben. Besonders Aktien-Fonds werden nach der vergangenen Rendite bewertet, dabei ist statistisch nur ein Zusammenhang zwischen Fond-Kosten Quote und Rendite signifikant nachweisbar. Da jeder Kursabfall eine individuelle Ursachenkombination hat und sehr tiefe Kursabfälle immer mit hoher Unsicherheit zu tun haben, ist es sehr unwahrscheinlich, dass jemand sichere Prognosen in hoher Unsicherheit abgeben kann.
Die Momentum Strategie wiederspricht der dem Regency Bias nicht, weil sie keine längerfristige Performance betrachtet, sondern davon ausgeht, dass Aktien, die gerade gut laufen (6-12 Monate) einen weiteren Push bekommen (u.a. weil Anleger FOMO bekommen und einsteigen).
Bitcoin, Cannabis, Elektroautos, Tulpenzwiebeln, der neue Markt: Hypes bergen enorme Chancen, aber typischerweise geht es nach dem Hype-Peak lange sehr magere Zeiten, bis der flächendeckende Einsatz endlich kommt. So genannte „Glamour-Aktien“ sind langfristig nicht so erfolgreich wie man denkt. Der Übergang von der Wachstumsaktie zur Qualitätsaktie (KGV) wirkt sich negativ auf die Bewertung nieder – kein Unternehmen/Technologie kann ewig 2-stellig wachsen. Kostolany bezeichnet den Aktienmarkt als Hund, der immer wieder vor seinem Herrchen (Realwirtschaft) voraus läuft und sich dann wieder zurückfallen lässt. Die Richtung ist gleich, aber der Aktienmarkt schwankt deutlich stärker hoch und runter, diese Schwankungen sind jedoch kaum prognostizierbar.
⇒ historische Rendite nicht in die Aktienbewertung einbeziehen
⇒ rechtzeitig aus gehypten Aktien aussteigen (und draußen bleiben bis sich der Hype beruhigt hat)
2. Home Bias
Deutsche Aktien werden überwiegend von Deutschen gehalten und amerikanische von Amerikanern (French und Poterba, 1991). Auch wenn es sinnvoll ist, Aktien zu kaufen, die man versteht, ist ein Haimatland-Klumpenrisiko zu vermeiden.
Home Bias – das bezieht sich nicht nur auf Aktien. Auch Immobilien und Humankapital (Deine Arbeitskraft) gehören zum Vermögen. Wer bei Audi arbeitet, in Ingolstadt Immobilien besitzt und VW Aktien besitzt, kann seinen Arbeitsplatz, Immobilienvermögen und Aktienvermögen auf einmal verlieren – und das, wenn es am meisten benötigt wird.
Home Bias oder fehlende Diversifizierung insgesamt bedeuten immer ein höheres Risiko bei meistens gleichbleibender Renditeerwartung. Wie Diversifizierung funktioniert:
- Weltweite Diversifizerung: alle Kontinente haben Chancen
- Small & Big Caps: große und kleine Unternehmen
- Währungsdiversifizierung: Euro, Dollar, RMB, …
- Anlageklassen: Aktien, Immobilien, Gold, Krytowährung
- Bildung
Der DAX war in der Vergangenheit kein gutes Investment, auf Grund der Übergewichtung in wenig Zukunfts-gerichtete Unternehmen (Automobilindustrie, Banken). Wer in deutsche Unternehmen investieren möchte, kann besser zu SDax, MDax oder TecDax greifen.
⇒ Achte auf ein weltweit diversifiziertes Portfolio. Auch bei Einzelaktien.
3. Sunk Cost, Verlustaversion & Anker Effekt
Dem Einstiegskurs wird zuviel Bedeutung beigemessen. Sinnvoll und Rendite-versprechender ist aber, vergangene Verluste auszublenden und nur auf zukünftige Chancen zu schauen.
Wer viel investiert hat tut sich schwer, das Projekt aufzugeben. Häufig wird in ein Projekt, das nicht den gewünschten Erfolg bringt sogar noch nachinvestiert. Das darf aber nur passieren, wenn man sich sicher ist, dass der ursprüngliche Investitionsgrund weiterhin gilt und sich nichts grundlegend verändert hat.
Der Sunk Cost Effekt ist auch eine Art Ankereffekt, nämliche die Abhängigkeit vom Einstiegskurs (Tversky und Kahneman, 1974). Der Ankereffekt führt dazu, dass Aktien nicht nach Zukunftspotenzial, sondern im Vergleich zum Einstiegskurs bewertet werden. Deshalb werden schlecht laufende Aktien meist zu lange gehalten.
Weil Verluste beim Menschen doppelt so starke Gefühle hervorrufen wie Gewinne, werden die Investments ignoriert. Wenn die Verluste nicht realisiert sind, tritt der Schmerz nicht ein. Dabei können Verluste bis zum Totalverlust führen. Bei Insolvenzabwicklung ist die Verlustanrechnung auf die Abgeltungssteuer kompliziert und langwierig.
⇒ Zukünftiges Potenzial der Anlage betrachten
⇒ Rechtzeitig von nicht mehr vielversprechenden Anlagen trennen
4. Aktionismus & OVerreaction Bias
Nicht nur auf Aktienmärkten, auch sonst, sind wenige, überlegte Handlungen erfolgreicher als „blinder Aktionismus„. Weil handelt, läuft nicht nur Gefahr eine Unter-Rendite zu machen, sondern zahlt auch eine Menge Transaktionskosten (Gebühr, Spread).
Besonders Privatanleger reagieren stark auf Berichterstattung – s. Bitcoin, Tesla und Co, sobald die Anlagen sogar auf Titelseiten von allgemeinen Zeitungen stehen, ist Vorsicht geboten.
De Bondt und Thaler (1985) zeigten früh, dass kurzfristige Informationen die Aktienkurse unverhältnismäßig nach oben und unten bewegen. News, Tweets und Co beeinflussen die Kurse also stärker als gerechtfertigt. Wer da mitmacht, gerät in die Zyklus-Falle: hoch kaufen, tief verkaufen.
⇒ Günstig kaufen und ewig halten. Nur bei relevanten Gründen verkaufen
⇒ Ausnutzen von Überreaktionen des Marktes bei guten und schlechten News
5. Selbstüberschätzung - Overconfidence Bias
Um das eigene Selbstwertgefühl zu steigern sieht sich der Mensch als Verursacher von Veränderungen in seiner Umwelt (White, 1959).
Der Aktienkurs ist das Nachfrage/Angebot Ergebnis von Millionen von Menschen – was qualifiziert dich, dass Deine Einschätzung richtiger ist, als die dieser Experten? Genau, wie beim Autofahren (80% der Autofahren denken, sie gehörten zu den besten 30% – 50% liegen also falsch), überschätzen sich auch Aktionäre. Experten sind hierbei übrigens nicht ausgenommen. Es gibt sogar Studien, nach denen der Effekt bei Experten sich ausgeprägter ist, weil die Komplexität so hoch ist, dass Expertentum trotzdem nur eine eingeschränkte Prognosefähigkeit zulässt.
Viele Anleger haben eine Meinung, wie sich der Markt oder eine Aktie in Zukunft entwickeln wird – die wenigsten analysieren aber, wie „richtig“ ihre Prognosen in der Vergangenheit waren. Hier kann ein Aktientagebuch helfen. Im Nachhinein ist es immer einfach, es schon immer gewusst zu haben.
⇒ Bist Du wirklich schlauer als der Markt oder ist Vorsicht angebracht?
6. Opportunitätskosten nicht betrachten
Wann ist ein aktiver Anleger erfolgreich? Wenn er eine Rendite erwirtschaftet? Eigentlich wäre der Unterschied zu einem Vergleichsindex sinnvoll. Wer in Tech Aktien investiert, sollte sich den NASDAQ als Performance-Vergleich herziehen. Wer weltweit diversifiziert anlegt den MSCI World.
Für junge Leute besonders relevant ist das Einbeziehen des Human Kapitals. Wer wenig Zeit hat und abwägen muss zwischen Arbeit und Aktien-Anlage, kann ja mal ausrechnen, wie viel Überrendite über dem Markt (genannt α Alpha) jährlich erwirtschaftet wird und wie viel eine Jahresgehalts-Erhöhung ausmachen würde.
⇒ Ist das aktive Investieren wirklich rentabel oder ist es eher ein kostspieliges Hobby?